Wenn ihr diese Geschichte lest, habt ihr die Arbeit von Hitoshi Sakimoto wahrscheinlich schon gehört. Seine überlebensgroßen Orchesterpartituren hauchen der Welt von Ivalice – dem Schauplatz von Spielen wie Final Fantasy Tactics und Final Fantasy XII – Leben ein und sind mit den Identitäten dieser Spiele ebenso verbunden wie mit den Charakteren darin.
Zur Feier von Final Fantasy XII: The Zodiac Age, das diesen Monat in die PlayStation Now-Bibliothek aufgenommen wird, hatte ich die seltene Gelegenheit, Sakimoto-san über seine Arbeit an der legendären JRPG-Reihe zu befragen, aber auch zu seiner Philosophie in Bezug auf das Komponieren für Spiele und die Zukunft des Mediums. Lest euch das vollständige Interview durch und startet dann Final Fantasy XII: The Zodiac Age, um einem Meister bei der Arbeit zuzuhören.
PlayStation.Blog: Wenn ich die Musik von Final Fantasy XII mit einem einzigen Wort beschreiben sollte, dann wäre es „gewaltig“. Was war Ihr Ansatz, als Sie vor all den Jahren den Sound für das Spiel entworfen haben?
Hitoshi Sakimoto: Wenn ich noch ein paar Worte hinzufügen sollte, würde ich es wohl als „strahlend“ oder „lebhaft“ bezeichnen. Das Ziel für die allgemeine Ausrichtung des Spiels war, es harmonisch in die Hauptreihe von Final Fantasy zu integrieren.
Was die Musik betrifft, so habe ich mich konkret auf Akkordfolgen und eine Orchestrierung konzentriert, die eine insgesamt helle und farbenfrohe Komposition ermöglichten. Des Weiteren habe ich versucht, darauf zu achten, dass sich die einzelnen Ebenen der Songs nicht allzu weit von diesem Schwerpunkt entfernen. Die Titelmelodie von Final Fantasy XII, die während des Eröffnungsfilms gespielt wird, in dem Rasler in dem Krieg zwischen Archadia und Dalmasca stirbt, veranschaulicht diese Eigenschaften am deutlichsten.
Außerdem habe ich versucht, negative Emotionen insgesamt zu vermeiden. An den Stellen, an denen diese negativen Emotionen enthalten sein mussten, habe ich absichtlich einige „Wege zur Positivität“ in die Musik eingebaut.
Was die Komposition betrifft, so schien Final Fantasy XII einige Science-Fiction-Elemente zu enthalten, aber ich beschloss, dies für die Musik zu ignorieren und sie als reine Fantasy zu behandeln.
PSB: Als Square Enix an Sie herantrat, um den Soundtrack von FFXII für The Zodiac Age auf PS4 zu überarbeiten, was war das übergreifende Ziel dieses Projekts und wie haben Sie es erreicht?
HS: Ich fand es sehr schade, dass wir im Originalspiel aufgrund des Budgets nur den Eröffnungs- und den Schlusssong live spielen konnten. Deshalb habe ich bei der Arbeit an The Zodiac Age darum gebeten, die gesamte Musik durch Live-Performances ersetzen zu können.
Die Orchestrierung war für das Originalspiel bereits abgeschlossen, mein Hauptziel bestand also darin, die Atmosphäre dieser Originale zu erhalten und gleichzeitig eine Live-Performance zu schaffen, die die frühere Version übertraf. Einige Stücke verwenden ein Klangmuster, das mit einem Synthesizer-Orchester besonders gut klingt. Um die Noten für diese Titel zu erstellen, musste ich also entweder diese speziellen Teile ändern oder einfach versuchen, sie live zu spielen, um zu sehen, wie sie sich entwickeln würden. Die einzelnen Optionen habe ich dabei mit dem Dirigenten und den Musikern besprochen.
Der schwierige Teil war die schiere Menge an Arbeit. Es gab einfach so viel zu tun, dass sich die Erstellung der Partituren, die Aufnahme und das Abmischen wie eine einzige lange Schlacht anfühlten, haha.
PSB: Einer Ihrer größten Erfolge war der Soundtrack zu Final Fantasy Tactics, der uns in die Welt von Ivalice (in der Final Fantasy XII spielt) eingeführt hat. Haben Sie bei der Komposition der Musik von Ivalice bestimmte Themen, Motive oder sogar bestimmte Instrumente und Kompositionstechniken vor Augen? Hat Ivalice einen bestimmten „Klang“?
HS: Der „Klang“ von Ivalice wurde in Final Fantasy Tactics geboren, und ich denke, die wichtigsten Merkmale sind in der Melodie des Hauptthemas enthalten. Diese Merkmale sind die gleichen wie bei Final Fantasy XII, wie ich schon in meiner letzten Antwort erwähnt habe.
Bei der Komposition habe ich mich für einen reinen Orchester-Sound entschieden. Das liegt wohl daran, dass „Fantasy“ meiner Meinung nach so klingen sollte.
Vor Final Fantasy Tactics habe ich an einem Spiel namens Tactics Ogre gearbeitet. Dieses Spiel stellt eine viel grausamere und härtere Welt dar, was sich auch in der Musik widerspiegelt.
Man könnte Final Fantasy Tactics womöglich als eine „Square Enix“-Version von Tactics Ogre bezeichnen, aber es trägt den Namen Final Fantasy. Deshalb habe ich darauf geachtet, einen konventionelleren Weg einzuschlagen, um diesen Namen nicht in Verruf zu bringen, haha. Ich denke, dass die Musik deshalb populärer geworden ist.
PSB: Haben Sie schon einmal mit dreidimensionalem oder räumlichem Klang experimentiert? Wenn ja, wie verändert dies Ihren Produktionsablauf und welche neuen kompositorischen Möglichkeiten ergeben sich daraus?
HS: Ich habe schon immer 3D-Audio verwendet, um mit den Fortschritten der Technologie Schritt zu halten, aber bei Orchestermusik klingt der Effekt immer wenig überzeugend und sticht nicht wirklich hervor – und ich denke auch nicht, dass er hervorstechen sollte.
Beim Komponieren von Musik durchlaufe ich meist drei Phasen: das Schreiben der Musik (die Partitur), das Arrangement (die Komposition) und das Abmischen (die Akustik). In der Regel kehre ich nicht zu einer früheren Phase zurück, wenn sie einmal abgeschlossen ist. Im Idealfall werden also die verwendeten Noten oder die Komposition aus akustischer Sicht nicht verändert.
Es gibt viele andere Möglichkeiten, mit der Partitur Synergien zu schaffen. Nehmen wir beispielsweise den Einsatz des charakteristischen Klangs eines ganz bestimmten Instruments – das muss man einfach während der Arrangement-Phase einbauen. Ich denke, die wichtigste Aufgabe, die ein Komponist in der Phase des Komponierens hat, ist es, ein Musikstück zu schaffen, das als Partitur bestehen kann – bei dem die Qualität durch die Partitur hindurchscheint, ohne sich auf etwas anderes als die Noten selbst zu stützen.
Um die Eigenschaften von 3D-Audio zu nutzen, braucht man außerdem viel leeren Raum. Solch eine Technik eignet sich für ein großes Ensemble nicht besonders gut. Es ist auch eine Technik, die eher für Soundeffekte geeignet ist. Daher ist es mein Grundsatz, 3D-Audio in der Hintergrundmusik nicht auf eine Art und Weise zu verwenden, die diesen Effekt beeinträchtigen würde.
PSB: Was wird Ihrer Meinung nach der nächste große technische Fortschritt in der Videospielmusik sein?
HS: Definitiv die automatisierte Erstellung des Sounds (Musik, Soundeffekte, Stimmen). Das ist der Bereich, der mich im Moment am meisten interessiert und mit dem ich die meiste Zeit verbringe.
PSB: Was ist Ihr Lieblings-Soundtrack/Ihre Lieblingsmusik der letzten Jahre, und warum ist er/sie Ihrer Meinung nach so eindrucksvoll?
HS: Was die Filmmusik betrifft, so wäre das „Es“. Der Film erschafft eine wirklich einzigartige Atmosphäre, und die musikalische Qualität ist ebenso hoch wie die filmische.
Horror ist nicht unbedingt mein Ding, aber bei diesem Film habe ich es geschafft, die Augen offen zu halten und die ganze Zeit zu verfolgen, wie die Musik eingesetzt wurde. Das hat mich allerdings an meine Grenzen gebracht, haha.
PSB: Gibt es irgendwelche aufstrebenden Komponisten, auf die Sie ein Auge geworfen haben? Wodurch zeichnen sie sich Ihrer Meinung nach aus?
HS: Ich weiß nicht, ob man sie als aufstrebend bezeichnen kann, aber in letzter Zeit hat mir der Soundtrack zu Battlefield 2042 von Hildur Guðnadóttir ausgesprochen gut gefallen. Ich bin ein großer Fan der Titelsongs von Battlefield 3 und 4, aber die Musik in 2042 bricht mit diesen vorherigen Songs – und es ist schwer zu sagen, ob das auf eine respektvolle Weise geschieht oder nicht! Aber in meinen Augen ist das an sich eine gute Sache. Außerdem ist es etwas, das man niemals erreichen kann, ohne den Komponisten zu wechseln.
Der Song erweckt den Eindruck, dass sie eine im Bereich der modernen Musik ausgebildete Komponistin ist, die neben sehr ausgeprägten instrumentalen Leistungen auch mit Synthesizer- und Echoeffekten recht vertraut ist. Das vielleicht markanteste Merkmal des Songs ist das Gefühl der grenzenlosen Melancholie, haha. Es würde mich interessieren, wie diese Komponistin ein heitereres, süßeres Lied interpretiert.
Wenn ich Musik rezensiere, versuche ich, keine anderen Informationen als die der Musik selbst zu verwenden. Ich weiß also außer ihrem Namen eigentlich überhaupt nichts über Hildur Guðnadóttir. Bei so talentierten Menschen wie ihr wird man aber früher oder später von irgendwoher Informationen über sie erhalten. Ich genieße es einfach, eine Zeit lang ihrer Musik zuzuhören und mich zu fragen, was für Menschen sie wohl sind – und dann genieße ich auch die Überraschung, wenn ich die Wahrheit erfahre.
Final Fantasy XII: The Zodiac Age ist jetzt erhältlich bei PlayStation Now, zusammen mit den anderen „Final Fantasy“-Titeln VII, VIII Remastered, IX und X/X-2 HD Remaster.
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