Matt Hilton, Director of Community, Square Enix:
Hallo zusammen! Hier ist Matt „Bayohne” Hilton aus dem „Final Fantasy XIV Online”-Community-Team. Heute ist einer der Kampfinhalte-Designer von „Final Fantasy XIV” bei mir, nämlich Yoshito Nabeshima.
Bei einem MMO gehört es zu den spannendsten Aufgaben für das Team, echte Herausforderungen für euch Spieler zu erschaffen – und da ist ein Raubzug das perfekte Beispiel.
Knallharte Begegnungen und neue Mechanismen für die Kämpfe zu liefern, stellt nicht nur das Können auf die Probe, sondern auch die Zusammenarbeit als Team. In den letzten fünf Jahren haben wir drei unterschiedliche Reihen von Raubzügen entwickelt, um unsere Spieler in Final Fantasy XIV richtig zu fordern.
Es ist gar nicht so leicht, wie ihr vielleicht glaubt, neue Mechaniken zu entwickeln und uns dazu gleichzeitig auch noch Bosse auszudenken, die zur Story passen und einen ganz einzigartigen Look haben!
Wir würden euch gern persönlich zeigen, wie das Entwicklungsteam einen Raubzug-Boss von der ersten Grundidee bis hin zum fertigen Charakter erstellt – und da es im neuesten Patch 4.4 gleich vier brandneue Bosse gibt, ist jetzt die perfekte Gelegenheit! Werfen wir zusammen mit Nabeshima-san einen Blick auf Omega, einen Boss, der jedem bekannt sein dürfte, der schon einmal Final Fantasy V gespielt hat!
Wie hat die Entwicklung dieses Bosskampfes begonnen? Habt ihr mit Gameplay-Konzepten begonnen und versucht, den Boss in die Story einzufügen, oder hattet ihr einen anderen Ansatz?
Yoshito Nabeshima: Als wir mit der Arbeit am Omega-Bosskampf anfingen, mussten wir die Handlung der Raubzug-Serie berücksichtigen: Omega kämpft, um zu lernen und stärker zu werden, und hält ein „Turnier” ab, um einen würdigen Gegner zu finden. Anhand dieses Grundgedankens überlegte das Team nun, wie sich Omega bei einer Begegnung mit den Kriegern des Lichts verhalten würde, die in allen Turnierkämpfen stets die Nase vorn hatten.
Es läuft auf folgende ganz simple Thematik hinaus: Wer ist stärker – Omega oder der Krieger des Lichts? Deswegen wollten wir nicht, dass ein Monster auftaucht und Omega im Kampf hilft, sondern haben uns bei diesem Kampf ausschließlich auf Omega und seine eigenen Fähigkeiten konzentriert.
Wie hat euer Team die Kampfmechaniken (Angriffe, Flächenangriffsmuster etc.) für diesen Raubzug festgelegt?
Yoshito Nabeshima: Bei den Kampfmechaniken hatten wir stets unsere Grundidee vor Augen.
Wenn ihr in FFXIV schon mal einen Raubzug durchgeführt hat, ist euch vielleicht aufgefallen, dass wir Mechaniken einbauen, die die Zusammenarbeit der Gruppe erfordern. Stellt es euch wie ein Dreibeinrennen oder wie ein riesiges Springseil vor, bei dem die gesamte Gruppe im Gleichtakt springen muss. Leider war diese Art von Mechaniken noch nie meine Stärke, aber für diesen Kampf habe ich mich der Herausforderung gestellt!
Ich glaube, mit einem Beispiel ist das Ganze leichter zu verstehen. Wir betrachten deshalb die Mechaniken in zwei bestimmten Teilen dieses Kampfes etwas genauer, die „Monitor”-Phase und den „Pantokrator”.
Die „Monitor”-Phase ist von der Fähigkeit Encircle (Einkreisen) inspiriert, die ihr vielleicht noch aus dem allerersten Kampf mit Omega in Final Fantasy V kennt. Bestimmt steckt da irgendeine Logik dahinter, aber Encircle war in FFV ziemlich schwer zu verstehen, weil die Fähigkeit während des Kampfes nie wirklich erklärt wird. Ich habe diese Idee für FFXIV übernommen und daraus eine dieser „Springseilmechaniken” gemacht, die ich vorhin erwähnt habe.
Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Zwei Spieler werden mit einem Debuff belegt, den „Ketten des Vergessens”. Diese beiden Spieler müssen sich dann einander gegenüber am Rand des Schlachtfeldes in einem Bogen bewegen – sie ziehen im Grunde einen Kreis. Auf diese Weise habe ich mein eigenes Encircle in den Kampf integriert.
Der Umgang mit dieser Mechanik ist nicht so einfach, wie es klingt, da diese beiden Spieler durch eine Art Partikelstrahl miteinander verbunden sind, der sich zusammen mit ihnen dreht, während sie sich bewegen. Es wird ziemlich hektisch, denn die anderen Spieler des Raubzugs müssen nicht nur diesem Strahl ausweichen, sondern gleichzeitig auch auf andere Mechaniken achten.
Beim Pantokrator hatten wir Idee, dass sich ein geschwächter Omega an den Spielern rächt, indem er einen wahren Kugelhagel aus seinen stärksten Angriffe entfesselt, einen nach dem anderen. Wir wollten, dass sich die acht Krieger des Lichts, die Omega bekämpfen, zu einer Einheit zusammenschließen, um diese Herausforderung zu bezwingen.
Pantokrator startet einen nach dem anderen eine ganze Reihe verschiedener Laserangriffe und alle Gruppenmitglieder müssen die Charakteristiken und Muster jedes einzelnen kennen. Diesen Teil des Kampfes haben wir so angelegt, dass ihr ohne perfektes Zusammenspiel untereinander nicht ans Ziel kommt!
Das sind nur ein paar Beispiele, aber in beiden Fällen hatten wir das Gesamtziel der Mechanik vor Augen und haben sie dann den Parametern des jeweiligen Bosses angepasst.
Bestimmt haben mehrere Teams an der Umsetzung gearbeitet. Wie läuft das ab, wenn mehrere Teams an der Erstellung des Bossmodells, des Schlachtfelds, der Animationen und all der anderen Elemente arbeiten, die nötig sind, um den Kampf zum Leben zu erwecken?
Yoshito Nabeshima: Wenn wir einen Boss erstellen, fangen wir nicht mit den Mechaniken an. Normalerweise werden zuerst die Story und die Kulisse des Raubzugs erarbeitet und dann beginnt das Grafikteam mit den ersten Designs. Der Designprozess erfolgt in enger Zusammenarbeit, d. h. wir legen dem Grafikteam unsere Vision des Kampfes dar, damit es diese Elemente in das Design aufnehmen kann.
Omega war allerdings einzigartig, weil er schon seit Patch 3.5 existierte. Hier hatten wir den seltenen Fall, dass das Design schon fertig war, lange bevor wir mit der Ausarbeitung des Kampfes anfingen.
Dann planen wir den Kampfinhalt weiter, wobei wir mit dem Story-Team zusammenarbeiten, um die Hintergrundgeschichte der Gegner in den Kampf einflechten zu können. In dieser Planungsphase werden die meisten Kampfmechanikern festgelegt: die Form des Schlachtfelds, die Abfolge der Kampfphasen und weitere wichtige Elemente.
Im nächsten Schritt folgt eine Team-Begutachtung des Inhalts von Seiten des Kampf- und Monsterteams. Wenn wir Feedback oder die Bitte um Überarbeitung erhalten, kehren wir zurück ans Zeichenbrett und nehmen diese Änderungen vor. Diesen Vorgang wiederholen wir so oft, bis sämtliche Teams mit den Inhalten zufrieden sind.
Wir müssen ebenfalls sicherstellen, dass sich unser Plan auch tatsächlich im Spiel umsetzen lässt. Darum geben wir unseren fertigen Plan an das Programmiererteam weiter, das unseren Bosskampf dahin gehend überprüft, ob er sich problemlos realisieren lässt.
Wie ihr seht, ist jeder Schritt des Entwicklungsprozesses eine Gemeinschaftsleistung. Wir reden nicht nur mit den Teams, die ich bereits erwähnt habe, sondern auch mit dem Grafik- und dem Soundteam. Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass wir im Hinblick auf das Kampfkonzept alle am selben Strang ziehen und dass alle Teile des Kampfes mit der Gesamtvision übereinstimmen.
Das Gesamtbild wird erkennbar, wenn wir die einzelnen Puzzleteilchen aus jedem Team zusammenfügen und den Kampf zum ersten Mal Wirklichkeit werden lassen. Das Kampf- und das Monsterteam führen jede Menge Spieltests durch, zu denen in den späteren Phasen auch der Producer und Director von FFXIV, Naoki Yoshida, dazustößt. Auf sein Okay hin folgt die Qualitätssicherung, in der wir sämtliche Fehler eliminieren -, und dann könnt ihr auch schon mit dem Kampf loslegen!
Zumindest läuft es normalerweise so ab …
Omega: Die Wildcard
Bei Omega gab es noch eine weitere Seltenheit: Zum ersten Mal in der Bossgeschichte von FFXIV mussten wir einen Großteil dieses Kampfes komplett überarbeiten.
Bei uns im Büro nennen wir die Prüfungen durch Producer und Director Yoshida „P/D-Checks”. Meistens hat Yoshida nur ein paar kleinere Veränderungs- oder Verbesserungsvorschläge, aber bei Omega sah das etwas anders aus.
Mit seinem Feedback nach der ersten Prüfung hat Yoshida uns ein bisschen schockiert, denn er sagte uns geradeheraus: „Man hat überhaupt nicht das Gefühl, dass man gegen Omega kämpft!”
Zu der Zeit bestand die vorhin schon erwähnte Monitor-Phase des epischen Omega-Kampfs aus zwei Teilen und Yoshida fand, dass sich das Ganze zu sehr in die Länge zieht. Außerdem meinte er, dieser Endkampf fühle sich im Gegensatz zu anderen Bossen nicht wie ein Höhepunkt an.
Die Überarbeitung des Kampfes
Ich nahm mir dieses Feedback zu Herzen und fing sofort mit der Überarbeitung des Plans an. Ich habe mit einigen unserer Raubzug-Designveteranen zusammengearbeitet, mit den Teams gesprochen und bin den gesamten Prozess noch einmal durchgegangen. Es war ein kleines Wunder, aber der überarbeitete Plan gefiel Yoshida.
Für den neuen Plan waren Änderungen auf allen Ebenen erforderlich. Wir fügten neue Mechaniken hinzu, veränderten existierende Mechaniken und erstellten neue Animationen, Grafikeffekte und Soundeffekte. Auch das war wieder eine gewaltige Gemeinschaftsleistung, bis wir erneut an der Qualitätssicherungsphase angelangt waren – und ich war derjenige, der dem QA-Team mitteilen musste, dass aufgrund der neuen Mechaniken erneute Kampftests nötig waren …
Was haben wir also letztendlich geändert? Zuerst haben wir die zweite Monitor-Phase gestrichen, dafür aber den darauffolgenden Kampf deutlich intensiver gestaltet. Wir haben neue Animationen hinzugefügt, um Omegas pure Zerstörungswut in den späteren Phasen des Kampfes visuell darzustellen, sowie zwei neue Laserangriffe: Steuerbord-Wellenkanone und Backbord-Wellenkanone. Außerdem haben unsere Teams in Rekordzeit den Raketenschlag-Angriff für diesen Kampf entwickelt.
Sehen wir uns spaßeshalber mal die zweite Monitor-Phase an, die wir gestrichen haben. Dieses Bild stammt aus dem Designdokument und zeigt die unterschiedlichen Positionen, in denen sich die Spieler befinden und die sie einnehmen mussten, um nicht zu scheitern. Wenn ich mir das jetzt so ansehe … bin ich froh, dass ich diese Phase überarbeiten konnte!
Wie ihr sehen könnt, war Omega ein ganz schön hartes Stück Arbeit, und wahrscheinlich habe ich es vielen Teams ziemlich schwer gemacht. Sie haben vielleicht nicht gerade schöne Erinnerungen an diese Phase, aber ihre Bereitschaft, wieder ans Zeichenbrett zurückzukehren, ist der Grund dafür, weshalb dieser Kampf so geworden ist, wie er jetzt ist. Ich bin ihnen unendlich dankbar für ihre Unterstützung.
Welche Faktoren musste das Modellteam bei der Erstellung des 3D-Modells dieses Raubzugbosses berücksichtigen, um die Konzeptgrafik getreu ins Spiel umzusetzen?
Yuji Mitsuishi Hallo! Ich bin Charakter-Grafiker Yuji Mitsuishi und werde euch ein bisschen was zur Erstellung des Omega-Modells erzählen!
Omega besteht aus einer riesigen Menge von Teilen und all diese Elemente aufeinander abzustimmen und daraus das Modell zu erstellen, hat sehr viel Zeit gekostet. Mein Team wollte nicht von der Designvorstellung abweichen, die wir bekommen hatten, darum haben wir nur winzige Veränderungen an den Positionen der einzelnen Teile von Omega vorgenommen, um dem Design gerecht zu werden.
Wenn ihr schon mal gegen Omega gekämpft habt, ist euch vielleicht das Relief auf Omegas Körper aufgefallen. Ich finde, dieses Element macht Omega zu einem unvergesslichen Gegner, aber es war auch wichtig, um nicht die Dreidimensionalität des Designs zu verlieren oder letztendlich einen Omega zu erhalten, der schwächlich wirkt.
Hatte euer Team im Entwicklungsverlauf irgendwelche „Aha!”-Momente, die das Design dieses Raubzugs verändert haben?
Yoshito Nabeshima: Es kommt durchaus vor, dass es plötzlich „Klick” macht und wir eine tolle Idee haben, die den Kampf völlig verändern könnte. Aber auch hier war Omega wieder einmal ein Sonderfall. Beinahe den gesamten Kampf ab der Monitor-Phase haben wir entwickelt, als wir uns als Gruppe zusammengesetzt und Ideen gewälzt haben, nachdem Yoshida die Überarbeitung angeordnet hatte.
Omegas „Raserei” nach der Monitor-Phase war ein Vorschlag meines Teamchefs. Er fragte mich: „Warum lassen wir Omega nicht einfach völlig ausrasten?” Das hat uns auf die richtige Spur gebracht, wie wir dieses Gefühl eines echten Kampfes gegen Omega, das Yoshida ja haben wollte, erzeugen könnten.
Gab es während der Entwicklung dieses Raubzugs Augenblicke, in denen ihr neue Ideen für andere Inhalte hattet, die wir vielleicht zukünftig zu sehen bekommen?
Yoshito Nabeshima: Wenn man an den Mechaniken für einen Kampf arbeitet, kommen einem manchmal neue Ideen, die man nicht immer direkt umsetzen kann. Ich hatte zum Beispiel ein paar neue Ideen, als ich an der „Ketten des Vergessens”-Mechanik für Omega saß. Ich hoffe, dass ich sie später mal in einem Bosskampf umsetzen kann!
Wenn der Boss von einem früheren „Final Fantasy”-Boss inspiriert ist, wie gelingt es euch, dem Original treu zu bleiben und gleichzeitig dieses besondere „Final Fantasy XIV”-Flair zu erzeugen?
Yoshito Nabeshima: Wenn wir Bosse aus einem früheren „Final Fantasy”-Teil verwenden, achten wir darauf, ein einzigartiges „Final Fantasy XIV”-Erlebnis zu erzeugen, aber gleichzeitig dürfen wir das Original nicht vergessen.
Das ist nur im epischen Omega-Kampf zu sehen, aber wir haben hier eine „Encircle”-Fähigkeit („Loop” (Schleife) genannt) in den Kampf integriert. Im Grunde ist das der Wut-Timer für den Kampf, darum bekommt ihr das Ganze nur zu sehen, wenn ihr den Kampf nicht innerhalb eines gewissen Zeitlimits abschließen könnt.
Encircle war eine Fähigkeit, die Omega in „Final Fantasy V” benutzte, um ein Ziel aus dem Kampf zu entfernen – ohne großes Federlesen. Leider funktioniert es bei FFXIV nicht so ganz, diese Funktion 1:1 zu übernehmen, um Spieler aus der Raubzuginstanz zu entfernen. Und ehrlich gesagt ist es auch nicht besonders reizvoll, Spieler in einem Kampf einfach willkürlich zu beseitigen.
Doch als ich darüber nachdachte, hatte ich die Idee, es als Wutphase für den Boss zu nutzen, da wir so doch noch das ursprüngliche Konzept erhalten konnten. Wenn ihr bei FFXIV an diesen Punkt gelangen solltet, könnt ihr erleben, wie eure Raubzuggruppe in eine andere Dimension versetzt wird!
Bei welchem Teil dieses neuen Raubzugs freust du dich am meisten darauf, dass ihn die Spieler selbst erleben? Nach welchen Gameplay-Momenten oder -Elementen sollten die Spieler Ausschau halten?
Yoshito Nabeshima: Bestimmt hatten schon viele von euch Gelegenheit zum Spielen, aber ich würde sagen, mein Lieblingspart an diesem Kampf ist die Sequenz, wenn Omega nach dem zweiten Pantokrator völlig ausrastet. Zwar bekommt ihr das nur im epischen Modus zu sehen, aber die Grafiken und Animationen, wenn Omega mit seinen Angriffen den ganzen Bildschirm ausfüllt, sind wirklich fantastisch.
Das hört sich jetzt vielleicht ein bisschen seltsam an, aber wenn ihr die Chance zum epischen Modus bekommt, solltet ihr unbedingt den Wut-Timer auslösen, damit ihr den ganzen Loop-Effekt zu sehen bekommt! Ihr werdet nicht enttäuscht werden!
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