Summary
- Im ID@Xbox-Showcase auf der GDC wurden dieses Jahr zehn Titel von kreativen Entwickler*innen aus der ganzen Welt vorgestellt.
- Die Entwickler*innen von Sopa (Kolumbien), The Sinking City 2 (Ukraine), Sonzai (Indien) und Go-Go Town (Australien) berichten, wie es ist, Indie-Spiele in ihren Heimatländern zu produzieren.
- Höre direkt von den kreativen Köpfen, die beim ID@Xbox-Showcase vorgestellt wurden, hier im Microsoft Game Dev Blog.
Für Gaming-Fans ist die GDC eine spannende Zeit. Denn hier kommt das kollektive Wissen der Spieleindustrie zusammen, Ideen werden geteilt, neue Projekte vorgestellt und Spieler*innen und Entwickler*innen treffen aufeinander. Außerdem ist die GDC eine großartige Gelegenheit, um zu sehen, woran einige der talentiertesten Indie-Spieleentwickler*innen der Welt gerade arbeiten.
Der ID@Xbox-Showcase kehrte letzte Woche zur GDC zurück und präsentierte zehn Spieleentwickler*innen und ihre kommenden Projekte aus sieben verschiedenen Ländern, die sich alle in der Entwicklung befinden und von denen Xbox-Spieler*innen profitieren können.
Xbox Wire hatte die Gelegenheit, mit den Entwickler*innen von Sopa (Kolumbien), The Sinking City 2 (Ukraine), Sonzai (Indien) und Go-Go Town (Australien) zu sprechen, um mehr über diese Spiele und die Menschen zu erfahren, die sie fernab der etablierten Indie-Szenen wie Japan und den USA entwickeln.
Wie sieht die Indie-Game-Entwicklungsszene in Deinem Land aus?
Juan Castañeda, Creative Director & CEO bei Studio Bando: Kolumbien erlebt gerade einen regelrechten Boom. Es gibt viele großartige und sehr talentierte Studios und auch einen kolumbianischen Verband für Videospiele. Diese Studios beherbergen einige der etabliertesten, talentiertesten und erfahrensten Entwickler*innen der Branche, von denen die Welt noch mehr hören sollte, da sie maßgeblich an zahlreichen Projekten beteiligt waren.
Allmählich kristallisiert sich ein kollektives Wissen heraus, sodass sie wirklich großartige Projekte realisieren können.
Ich denke, unsere eigenen Erfahrungen sind etwas anders. Denn obwohl ich aus Kolumbien komme, habe ich die meiste Zeit in den USA gearbeitet. Als ich nach Kolumbien zurückkehrte, haben wir angefangen, mit den Menschen vor Ort Kontakt aufzunehmen. Mit zunehmendem Erfolg wuchs auch das Team organisch und wir begannen, mehr Einheimische einzubeziehen.
Cheryl Vance, Creative Director bei Prideful Sloth: Für mich als Australierin ist das unglaublich. Ich glaube, wir haben es als Land geschafft, uns international einen guten Ruf im Bereich der Indie-Entwicklung zu erarbeiten. Die Branche entwickelt sich großartig und es gibt so viele fantastische Spiele aus unserem Land.
Andy Andi Han, Executive Producer von Sonzai: Die Indie-Games-Szene in Indien lässt sich am besten mit dem Wort “isoliert” beschreiben. Dies führt dazu, dass viele junge und aufstrebende Entwickler*innen entweder ihre Ambitionen aufgeben, nie eine Chance erhalten oder von Anfang an aus der Indie-Szene ausgeschlossen werden… Weitere Faktoren, die hier eine Rolle spielen, sind der soziale Druck, sich für konventionelle Jobs zu entscheiden. Oder die Tatsache, dass in ganz Indien mehrere Sprachen gesprochen werden, sodass es ziemlich schwierig ist, eine Gruppe von leidenschaftlichen Indie-Entwickler*innen zu finden.
Dennoch habe ich in den letzten zehn Jahren eine Handvoll Indie-Spiele aus Indien aufkommen sehen. Das sollte den Weg für zukünftige Projekte ebnen, unabhängig vom Genre. Ich glaube, dass es in Indien äußerst talentierte Künstler*innen gibt, deren kreative Visionen es wert sind, gefördert zu werden. Hoffentlich werden wir schon bald einige dieser Potenziale verwirklicht sehen.
Paul Milewski, PR-Manager bei Frogwares: Die Indie-Games-Szene in der Ukraine mag zwar nicht mehr in den Kinderschuhen stecken, aber sie macht immer noch ihre ersten Schritte. Das Land erhält mittlerweile Anerkennung aus der ganzen Welt, auch wenn diese Entwicklung leider durch den Krieg beeinflusst wurde. Dennoch ist es erfreulich zu sehen, dass der Ukraine nun viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als früher. Immer mehr Menschen nehmen wahr, was dort geschieht.
Das Land hat schon seit Jahrzehnten eine blühende Tech-Szene, die jedoch bisher weitgehend isoliert war. Sie schauten auf den Westen, um Inspiration zu finden, aber jetzt beginnen sie, ihre eigenen Ideen zu entwickeln. Jetzt schaut der Westen auf die Ukraine und erkennt, was dort entsteht. Je mehr Spiele in der Ukraine auf den Markt kommen, desto mehr werden die nächsten Generationen inspiriert, sich damit zu beschäftigen.
Was macht dieses Spiel so einzigartig (im Vergleich zu anderen Projekten)?
Juan Castañeda: Sopa ist das leidenschaftlichste Projekt meiner gesamten Karriere, wahrscheinlich meines ganzen Lebens, und ich spüre, dass es dem gesamten Team hinter dem Projekt genauso geht. Deshalb gehen wir auch anders an die Sache heran. Wir wollen unsere Vision vermitteln und repräsentieren. Wir legen Wert darauf, dass sie für alle zugänglich ist und ein Publikum anspricht, das sowohl Spaß als auch ein tiefes emotionales Erlebnis sucht. Es zeigt aber auch, wie hart wir kämpfen und welche Opfer wir bringen mussten, um so weit zu kommen. Und dann geht es wieder darum, an dieses Projekt zu glauben.
Cheryl Vance: Wir haben an Titeln wie Batman: Arkham und Devil May Cry gearbeitet − und jetzt entwickeln wir eher entspannte Spiele. Ich würde also sagen, das ist so ziemlich das komplette Gegenteil von dem, was wir vorher gemacht haben. Wir wollten uns einfach auf etwas anderes konzentrieren und waren alle der Meinung: „Wir haben jetzt schon eine ganze Weile Kampfspiele gemacht; lasst uns mal etwas Neues ausprobieren.“ Und jetzt sind wir hier, und präsentieren unser drittes Spiel.
Ich wollte Spiele aus dem Farming-Genre übernehmen und eine offene Welt schaffen, in der Spieler*innen mehr Möglichkeiten haben. Nach einigem Feedback wurde daraus eine Art Zelda-meets-Farming, und es dreht sich immer darum, welche Spielerfahrungen wir machen wollen.
Ritam Ray, Project Coder von Sonzai: Ich beschäftige mich seit meinem zwölften Lebensjahr mit Spieleentwicklung. Angefangen hat es mit dem Modden meiner Lieblingsspiele, dann habe ich an Game-Engines gebastelt und kleinere Spiele entwickelt. Ich bin also schon in der Indie-Games-Entwicklung unterwegs, so lange ich denken kann. Der größte Unterschied zu anderen technischen Jobs, die ich hatte, ist die kreative Freiheit. Das ist vielleicht keine besonders aufregende Antwort sein, aber es ist ein großer Unterschied.
Swapnil Karmakar, Project Artist von Sonzai: Was mich betrifft, so habe ich die meiste Zeit meines bewussten Lebens gezeichnet. Meine Reise in der Spieleentwicklung und Animation begann während meines Studiums mit einem Spiel, das wir kurz vor Sonzai entwickelten. Es wurde nie fertiggestellt, aber ich lernte die Herausforderungen der Spieleentwicklung kennen. Die Animationstechniken habe ich erst während meiner Arbeit an Sonzai erlernt. Der größte Unterschied zu anderen Jobs, die ich ausgeübt habe, besteht darin, dass sich bei Langzeitprojekten sowohl die Qualität als auch der Stil meiner Arbeit verändert haben. Das macht es manchmal schwierig, einen konsistenten Ansatz beizubehalten. Bei kurzen Projekten war dies bisher kein Problem. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass wir hier an etwas arbeiten, auf das wir stolz sein können.
Paul Milewski: Erst vor kurzem hat sich Frogwares entschieden, unabhängig zu werden, und eines der ersten veröffentlichten Spiele war Sherlock Holmes: The Awakening. Dieses Projekt ist aus der Not heraus entstanden. Es war eigentlich nicht geplant, aber dann brach der Krieg aus und sie mussten ihre Arbeit unterbrechen und etwas viel Kleineres machen; sie mussten herausfinden, ob sie unter diesen Bedingungen überhaupt ein Spiel produzieren konnten.
Die Verfügbarkeit der Teammitglieder schwankte und Stromausfälle sowie Luftangriffe waren ständige Herausforderungen. Dies stellte das Team auf eine harte Probe, denn es musste herausfinden, ob alles, was sie in dem vorherigen Spiel gelernt hatten, auch noch anwendbar war, wenn sie an einem Projekt in größerem Maßstab arbeiteten. Aber sie gingen noch einen Schritt weiter, indem sie Sinking City 2 mehr in Richtung Survival-Horror lenkten und die Ermittlungsfunktion optional hielten. Das ist ein wichtiger Schritt, um zu sehen, ob sie diese Herausforderungen meistern und ihren Horizont erweitern können.
Wie repräsentiert Dein Spiel Dein Land?
Juan Castañeda: Wir haben versucht, auch das Alltägliche in unseren Kulissen widerzuspiegeln. In der lateinamerikanischen Kultur gibt es so viele farbenfrohe, neue und frische Aspekte, die den meisten Menschen noch nie begegnet sind, selbst in Projekten, die in diesen Ländern spielen. Du siehst sie in einem eher traditionellen Spiel und dann übernehmen sie etwas von der Ästhetik. Das ist schön und wunderbar, und ich bin froh, dass es passiert ist.
In unserem Fall wollten wir noch einen Schritt weitergehen und wirklich versuchen, das Gefühl zu vermitteln, als ob man dort wäre, auch im Alltäglichen. Also einfach im Haus Deiner Großmutter herumzulaufen und dort die Gegenstände zu betrachten. Eine andere Sache, die wir einbringen wollten und die wir ziemlich erfrischend finden, ist das Konzept des magischen Realismus. Und das ist etwas, das tief in unserer Identität in Kolumbien verwurzelt ist.
Andy Andi Han: Sonzai ist einfach ein Spiel, das wir unbedingt machen wollten. Es kombiniert ein paar von Ritams Lieblingsspielen wie JRPGs , z.B. die Persona-Reihe, und Final Fantasy 6 mit Swapnils Vorliebe für stylische Actionspiele wie Bayonetta und Metal Gear Rising.
Es ist wirklich schwer zu sagen, wie sehr es unsere lokale Spieleentwicklungsszene repräsentiert. Aber ich glaube, es steht für etwas viel Grundlegenderes. Solange Du den Wunsch hast, ein Spiel zu entwickeln, und Deine Grenzen kennst, kannst Du wirklich in die Welt der unabhängigen Spieleentwicklung einsteigen.
Immer mehr Spieler*innen schenken der Indie-Gaming-Szene die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Hoffentlich können wir mit Sonzai mehr Interesse an der Spieleentwicklung in unserer lokalen Szene wecken. Dadurch werden die Menschen in Zukunft weniger eingeschüchtert sein, das zu tun, was wir getan haben. Alles beginnt an der Basis, und Top Hat Studios hat sich die Zeit genommen, in die Tiefe zu gehen. Wir glauben daran, dass großartige Dinge möglich sind. Mit einer solchen Unterstützung können kreative Projekte wie unseres entstehen und hoffentlich noch viele weitere in der Zukunft.
Cheryl Vance: Es ist die Summe aus unseren Erfahrungen in der Branche und der lebendigen Entwicklungs-Community, in der unsere Kolleg*innen uns kontinuierlich Feedback zu unseren Spielen geben. Es ist auch die staatliche Förderung, die uns geholfen hat, dranzubleiben und weiterzumachen… Denn jetzt haben wir auch echte Steueranreize in unserem Land, was fantastisch ist. Dadurch sind wir flexibler und können andere Dinge tun, die wir uns ansonsten finanziell nicht leisten könnten. Wir wissen, dass wir ein kleines Sicherheitsnetz haben, das es uns erlaubt, die Dinge anders anzugehen.
Bei diesem Titel haben wir Spieltests durchgeführt, mit denen wir vor etwa einem Jahr in der Entwicklungsphase begonnen haben. Wir sind jetzt beim vierten Test und das hat unseren Entwicklungszeitplan verlängert. Aber auch hier haben wir das Sicherheitsnetz der staatlichen Finanzierung. Das ist einer der Gründe, warum es so wichtig ist, dass die Regierung uns bei solchen Projekten unterstützt.
Paul Milewski: Ich bin mir nicht sicher, ob es sich um ein osteuropäisches Phänomen handelt oder eher um eine Frage der Erziehung, aber man kann es anhand der Beispiele aus Polen und der Ukraine sehen. Es hat viel damit zu tun, wie diese Unternehmen ihre Geschichten erzählen. Es ist nicht so schwarz-weiß, oder? Man könnte vielleicht argumentieren, dass das westliche Publikum immer klare Gut-Böse-Konflikte bevorzugt. Alles soll klar und eindeutig sein.
Aber in den ukrainischen Geschichten gibt es oft eine moralische Grauzone. Man versucht, etwas zu schaffen, wobei nicht alles klar und eindeutig ist. Du spielst nicht unbedingt den unfehlbaren Helden oder die unfehlbare Heldin. Das ist etwas, das sie immer gut umgesetzt haben und das sie auch hier weiterverfolgen werden.
Diese Spiele sind nur ein kleiner Einblick in die Welt der Indie-Spieleentwicklung aus der ganzen Welt, und alle werden für die Xbox entwickelt. Wir können sogar bestätigen, dass Sopa nach dem Launch im Game Pass verfügbar sein wird und dass sowohl Sopa als auch Sonzai Teil unseres Developer Acceleration Program sind, mit dem wir Spieleentwickler*innen aus unterrepräsentierten Gruppen fördern. Mehr über das DAP findest Du hier.
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